…. Schland

on 07 4, 2010

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Welchen Ausgang hätte wohl ein Film wie “Zurück in die Zukunft” genommen, wenn Dr. Emmett Brown Mitte der Achtziger mit seinem De Lorean aus der Zukunft zurückgekehrt wäre und der versammelten Kinogemeinde erzählt hätte, dass ein Vierteljahrhundert später eine marxistisch-leninistisch geschulte Quantenchemikerin aus dem Ostblock als Bundeskanzlerin eines geeinten Deutschlands und ein schwuler neoliberaler Außenminister als ihr Vizekanzler mit einem schwarzen demokratischen amerikanischen Präsidenten um den richtigen Weg ringen, eine der größten Wirtschaftskrisen der Neuzeit in den Griff zu bekommen, dass ein ausgewiesener Weltfinanzexperte nach sechs Jahren als Bundespräsident von heute auf morgen seinen Hut nimmt und anschließend ein DDR-Bürgerrechtler um das Amt des Bundespräsidenten kandidiert, der nur durch eine Allianz konservativer und ehemals kommunistischer Kräfte verhindert wird?


Sowas unrealistisches wäre mit Sicherheit an jeder Kinokasse gefloppt.

Aber mal ehrlich: war das nicht eine wunderbar spannende Woche? Erst liefert uns die Bundesversammlung einen ungeahnten Marathon-Polit-Thriller und anschließend schießt uns Joachim Löws Fußball-Elf gegen Argentinien in ein neues traumhaftes Sommermärchen. Und sie müssen nicht mal Weltmeister werden, wenn sie einfach nur weiter diese wunderbare Art von Fußball für uns spielen.


Dabei habe ich mich nie so arg für Fußball interessiert. Aber wir erleben eine goldene Generation von Fußballern. Sie ist jetzt schon von historischer Einmaligkeit.  Seit Mitte der Siebziger gab es kein so geschlossenes, aufeinander eingeschworenes Team mehr. Nie zuvor war es so multikulturell zusammengesetzt. Und nie zuvor hat man deutschen Fußball von solcher Leichtigkeit gesehen. Vor 2006 hätte man nicht geglaubt, die Farben Schwarz-Rot-Gold jemals in einem solch unbeschwerten, heiteren Festival-Kontext erleben zu dürfen. Und die Fußball-WM 2010 beweist: diese Farben haben ihren nationalistischen Schrecken verloren. Sie wurden der Deutungshoheit der ewig Gestrigen entrissen und zu fröhlichen Girlanden einer landesweiten wochenlangen Party umfunktioniert.


Nur zwei Dinge ganz, aber wirklich ganz am Rande: 1. Miroslav Klose, Fußball ist KEIN Kampfsport! 2. Bundes-Jogi, den Begriff “Stahlbad” im Zusammenhang mit dem anstehenden Spiel gegen England zu verwenden, hat, wie man im Badischen wohl sagen würde, ein Gschmäckle, und zwar ein Ernst-Jüngersches.


Wie sagte Alfred Schier soeben im Gespräch mit Ottfried Fischer so schön: “Unter Heimat versteht ja jeder ungefähr was anderes.”

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